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Jörg Ludewig (Verkaufsleiter bei Lightweight) im 10-Fragen Interview

by Daniel
Jörg Ludewig im Interview

Fotoquelle: Peter Lintner

Jörg Ludewig – der 3-malige Tour de France Teilnehmer und Ex Teamkollege von Jan Ullrich im Interview. Jörg blickt recht zufrieden auf seine aktive Rennradkarriere zurück, welche jetzt im Herbst 2014 nach der Teilnahme an Breitensportevents endet. Der einstige T-Mobile Fahrer lässt die letzten 2 Jahre im Jedermann Radmarathon Bereich Revue passieren. Eine Erfahrung, die nicht nur für ihn wichtig war, sondern auch für Lightweight. Welche Jedermann Fahrer durchaus Potenzial fürs Profigeschäft haben und welche Zeit Contador beim Ötztaler fahren würde, verrät Jörg hier…

Es ist mir eine ganz besondere Freude nach Stefan Kirchmair einen weiteren Star der Radmarathon Szene zu interviewen. Jörg Ludewig – jahrelang im Profi-Rennradgeschäft aktiv für namhafte Teams wie Team T-Mobile, Saeco und Team Gerolsteiner. Aktuell ist Jörg Teamleiter des Jedermann-Teams Alpecin und (noch) einer der herausragenden Fahrer der Jedermann Marathonszene. Neben dieser Aufgabe ist Jörg Verkaufsleiter für den Premium Hersteller Lightweight. Was mir an Jörg Ludewig sofort gefiel – ich habe ihn das erste Mal in Natura gesehen beim Arlberg Giro – war seine sympathische und humorige Art. Sehr erfrischend. Ein Ex-Profi „zum Anfassen“ eben. Umso mehr freue ich mich nun auf ein erfrischendes Gespräch.

Schauen wir mal, was wir Jörg so für interessante Infos entlocken können..

Jörg Ludewig im Interview

 Fotoquelle: peterlintner.de

Speed-Ville.de: Hi Jörg, wie geht’s dir? Du müsstest dich mega happy fühlen nach deinem hervorragenden 3. Platz beim Endura Alpen-Traum zum Abschluss deiner „rennaktiven Zeit“? Du hast bekannt gegeben, dich ab demnächst vorwiegend um deine wachsende Familie zu kümmern… Jörg wird nämlich Papa. Glückwunsch schon mal… Also Jörg, wie ist die Gefühlslage?

Hallo zusammen. Du, mir geht es wirklich klasse. Privat bin ich mit (Chris-) Tina toll aufgestellt, einer Frau, die meine Schwächen cool ausbalanciert und sicher eine tolle und authentische Mutter wird, ohne „Rechts und links alles um uns herum zu vergessen“.  Ferner hab ich all‘ meine „Alpecinis“ safe und gesund durch die Saison bekommen, all unser Material hat mehr als nur die Erwartungen erfüllt, ich bin im Beruf bei Lightweight zufrieden und hab‘ echt tolle Freunde, fühle mich gesund – ich hätte ein „paar an den Hals verdient, wenn ich klagen würde“.

Ja, und sicher war meine letzte Tour auf hohem Leistungsniveau nochmals befriedigend und gut für unseren Medienpartner „RoadBIKE“, der sowohl beim Event als auch bei meinem Team der Media-Partner ist. Richtig cool fand ich, dass einige Topfahrer sich seither bei mir für 2 Jahre „battle“ bedankt haben – die Jedermannszene hat mir wirklich sehr gefallen, ist unglaublich facettenreich und hält alles bereit.

Jörg Ludewig im Interview

 Fotoquelle: peterlintner.de

Speed-Ville.de: Nach dem Ende deiner Profikarriere 2007 hast du dich für einige Zeit vom aktiven Rennradsport zurückgezogen. In den letzten 2 Jahren fand man deinen Namen jedoch wieder regelmäßig in den Teilnehmer- und Gewinnerlisten der Jedermann Marathons in den Alpen. Wie erging es dir als Ex-Profi gegen teils übermotivierte „Jedermänner“? Was nimmst du mit aus dieser Zeit?

Ganz genau, das war „eigentlich“ nie wirklich Sinn der Sache; das Feuer für „schnelles Radeln“ ist so richtig erst in 2013 an der Seite vom Werner Weiss, einem Freund von mir aus Eppan in Südtirol, wieder emporgekommen, als wir bei der Transalp als Außenseiter stetig in der Ergebnisliste  emporgeklettert sind und dann durch den sturzbedingten Ausfall der viel stärkeren Fahrer unterm Strich auch noch gewonnen haben. Das hat echt Spaß gemacht, auf teilgesperrten Straßen wieder etwas „Radrennen zu spielen“.

Um dann bei den top besetzten Events auch vorn dabei zu sein, musste ich allerdings jede freie Minute opfern und ganz harte, strikte Diät halten – mein Ziel war es, einmal dieses vermalledeite Timmelsjoch zu bezwingen, war ich doch jedes Jahr spätestens dort während des Ötzis immer kläglich gescheitert, geradezu verreckt… und selbst dort, im offenen Schlagabtausch mit Roberto, hat es dann letztes Jahr auch nicht für ganz vorn gereicht – man sieht also, dass irgendwas dran ist an den Sprüchen „die Leistung des Radfahrers wird in Watt / kg Körpergewicht gemessen“ und „Radfahren kommt vom Radfahren“. Roberto und Stefan wiegen halt einfach um die 20 kg weniger, was mir nur selten von Vorteil ist in den Alpen.

Ferner kommen Sie weitaus häufiger dazu, seriös zu trainieren. Da hilft meine lang vergangene Zeit als Radprofi dann formtechnisch auch nicht mehr wirklich – es ist, wie so oft: Ohne Fleiß kein Preis. Mein Vorteil ist, dass mein Körper schneller adaptiert, zügig wieder ein hohes Grundnivea hat und viel Kraft bereitstellt – gepaart mit 177,5er Kurbeln und 53/36 -11/28 unter Nutzung von „Q Rings“ eine Quelle, aus der ich noch gut schöpfen konnte.

Übermotiviert sind die Jungs da vorn eigentlich gar nicht – die sind erstaunlich cool und entspannt, wie ich verblüfft festgestellt habe. Da nimmt sich eigentlich nimand selbst zu ernst, ein eher homogener Haufen. Die vielleicht übermotivierteren und beratungsresistenten, die häufig, laut und negativ Ihre Meinung kundtun, fahren dort gar nicht herum. Mir hat dieses kurze Gastspiel Spaß gemacht, jetzt ists‘ aber auch gut mit dem „Streß nebem dem Streß“, jetzt wird zur leichten „Diätunterstützung“ und aus purem Spaß geradelt.

Jörg Ludewig im Interview

Fotoquelle: Björn Hänssler

Speed-Ville.de: Während meiner Recherche für dieses Interview fiel auf, dass du dich auch aufgrund deiner ital. Historie (u.a. Team Saeco) sehr gut mit dem Team Beraldo verstehst. Wie war es als „Einzelkämpfer“ für dich gegen Cunico und Co.? Waren es harte Fights? Welches Duell bleibt dir besonders in Erinnerung?
Das ist ganz interessant: ich wollte 2013 nen guten Ötzi fahren, weil mir irgendjemand gesagt hatte, Cunico hätte mich als „zu fett und alt“ für nen Ötzi – Top5 eingestuft; ergo hatt‘ ich mir vorgenommen, den Kumpel mal etwas zu „ärgern“. Ferner hatte ich ja meine Rechnung mit dem Timmelsjoch offen. Im Verlauf des Events stellte sich unterwegs in der Spitzengruppe bei gefühlten -13 Grad am Kühtai heraus, dass er mir online quasi mit den Worten „der fährt für das bissl Training und sein Körpergewicht echt schnell bergauf, aber wenn er mich schlagen könnte, hätte ich den Sieg auch nicht verdient“  eher ein Kompliment gemacht hatte – was dann über Dritte falsch interpretiert zu mir gelangte. Wir sind quasi beim Rennen „Buddies“ geworden, aktuell wird Roberto sogar mit MEILENSTEIN OBERMAYER gesponsert, und hängt mich damit ab – eigentlich wenig klug von mir, was allerdings auch mein bedingtes und endliches Streben nach Platzierungen veranschaulicht. Vornehmlich ging und geht es um die Nähe zu unserem Kernklientel und darum, vernünftig abzutrainieren nach 400.000 schnellen Radkilometern, damit Herz und Lunge step by step an normale Verhältnisse adaptiert werden.

Speed-Ville.de: Jeder Hauptfeldfahrer dieser Jedermann Rennen bestaunt die Leistung von Euch an der Rennspitze. Die Zeiten klingen wahnsinnig schnell. Während ihr schon duscht, haben wir noch Stunden zu kurbeln… Insbesondere Roberto Cunico sticht wiederholt heraus. Ich persönlich frage mich ob Cunico, Nösing, Kirchmair etc. bei einem richtigen Profi Rennen wie dem Giro oder  der Tour de France mithalten könnten… Würdest du den Jungs den Sprung grundsätzlich zutrauen? Oder ist es doch eine komplett andere Nummer? Du kennst die Anforderungen…
Interessante Frage, die ich mir selbst grad letzte Woche gestellt habe, als Schillinger uns mal gezeigt hat, „wie schnell man im Flachen fahren kann, auaaaaa!“ – da sind wir halt mit stumpf 60 km/h am Reschensee entlanggeballert…. Ich glaube, dass man hier viel deckungsgleiche Schnittmenge hat, jedoch unterscheiden muß: Ein Roberto fährt vielleicht länger die Durchschnittswatt, kann aber die Spitzen nicht mitgehen, ein Profi hätte bei einem langsam gefahrenen Rennen mit 250 km Länge und 23 km Bergankunft sicher weniger Chancen gegen die leichten Topstars der Jedermannszene, die ja zumindest vom Aufwand, der Ausrüstung und Ihrer Jahres- km- Leistung eigentlich auch Profis sind. Da ein Profirennen von der Renncharakteristik aber eher unrythmisch ist, gehe ich in 85% der Fälle vom Vorteil zugunsten des normalen Radprofis aus. Nösig ist da schon eine Ausnahme, kann Spitzen gehen und pervers draufdrücken, ist aber fürs‘ Hochgebirge eigentlich zu massiv; und wird trotzdem auch mal 2. beim Ötzi – das wäre sicher interessant. Ganz heftig ist halt dann der Unterschied zu den Top Bergfahrern wie Contador oder Froome, die nen Ötzi im Renntempo sicher locker in 06:30 oder schneller fahren könnten, wenns trocken ist….

Jörg Ludewig im Interview

 Fotoquelle: peterlintner.de

Speed-Ville.de: Wo ist der große Unterschied bei den Profi Rennen zu den Jedermann Radmarathons? Wird bei den Jedermann Rennen in der Spitze mit ähnlich harten Bandagen gekämpft wie bei den Profis oder geht’s hier fairer zur Sache?

Du, unfair ists eher bei den Amateuren, wenn ich das Rennverhalten von vor 20 Jahren noch richtig im Kopf habe; die Profis fahren auch am Limit, sind dann aber doch eher eine Familie, wo jeder jeden irgendwo respektiert und weiß, dass alle Ihr Geld damit verdienen müssen. Die Jedermannszene habe ich als richtig coole, bunt gemischte Truppe erlebt und bin mit sehr vielen Fahrern inzwischen befreundet – sehr geil, durch welche gesellschaftlichen Schichten, Anforderungsprofile und Grundideen sich dieses bunte Mischmasch unterscheidet; beim Highlander habe ich mit dem „stärksten Mann der Welt in Badelatschen“ das Podium geteilt – behaarte Beine und Birkenstock, aber dann den Brenner hoch die Spitze angeführt beim Ötzi – das ist wirklich abgefahren und beeindruckend, was Master Fuhrbach drauf hat! Interessant ist, dass es immer unentspannter wird, je weiter man im Feld zurückfällt. Der ein oder andere Jedermann fährt da vielleicht schon einen Tick zu unüberlegt, wo es doch an Stelle XY im Rennen eigentlich um nichts mehr geht…. Montags geht der Job weiter, man hat Familie – das scheinen einige zu vergessen, stecken Ihr Gehirn während des Events ins Trikot… aber gut, dieses Phänomen kennt man aus jedem Sport, aus jedem gesellschaftlichen Bereich.

Speed-Ville.de: Ich beschäftige mich sehr viel mit dem Thema Motivation. Was treibt den Menschen an? Bei dir stellt sich mir die Frage, ähnlich wie bei Jan Ullrich mit dem Ötztaler, kann man sich als Ex-Profi noch so motivieren wie früher? Oder reichen einem auch mal gefühlt 80%? Ich stelle mir hier Situationen vor wie beim Endura Alpen-Traum am Umbrailpass, wo ein Cunico wahrscheinlich komplett an sein Limit geht… Geht man als „alter Hase“ da noch mit…?

Ich habe meine radsportliche Motivation ja dargelegt, das war ein recht endliches Phänomen. Aktuell lässt sich das eher auf ein banales Ideal und Motto herunterbrechen: „Ich will nicht zu fett werden“ – da ist das Bike dann einfach auch mal Mittel zum Zweck. Ferner habe ich viele Freunde und radelnde Geschäftspartner in der Szene – da kann man einen business-talk auch im 23er Schnitt mal auf dem Radel halten.

Grundsätzlich bin ich aber vom Typ her eh der Motivierte, der immer überzeugen möchte; ich ziehe sogar eine gewisse Befriedigung daraus, sehr einfache Arbeiten schnell, effektiv und meinem Anspruch gerecht zu erledigen. In mir herrscht ein steter Wettkampf mit mir selbst – teils ist das sogar nervig, im Beruf hat es mich allerdings schnell recht weit voran gebracht; es darf nur nicht in Aktionismus ausarten. Das habe ich inzwischen gelernt  -und ablegen können, gut so.

Speed-Ville.de: Wie geht es mit dem Team Alpecin und dir weiter? Bleibst du der „Shampoo Truppe“ erhalten? Von außen macht ihr den Eindruck einer extrem homogenen Mannschaft. Schade wär’s auf jeden Fall, wenn du Servus sagst…
Bisher konnte ich jedes Jahr „einen drauflegen“, laut Aussagen von Außen gelten wir als das „Original“, häufig kopiert doch unerreicht, wenn man den Feedbacks Glauben schenkt; aktuell planen wir ein kleines T.V.- Format, da das Projekt wirklich toll angenommen wird, sowohl von den Bewerbern wie auch von der Industrie. Die ganze Geschichte  ist ehrlich, reduziert und pur; keine Siegerpokale, keine Bestzeiten, keine 5-Sternehotels, dafür Strafen für ungeputzte Räder und perfekte, individuelle Betreuung und Trainingssteuerung sowie tolles Equipment  – dadurch wirds authentisch und sympathisch.

Ein Kernerfolgsfaktor scheint, dass wir es als Non-Profit-Konstrukt ausgelegt haben – das macht es für alle Beteiligten attraktiv und stemmbar. Wertvoll ist, dass alle Partner  von den Teammitgliedern die Infos und Ideen, Probleme und Aussagen aus erster Hand zu Ihren Produkten bekommen – und das von Rookies oder ambitionierten „Hobbyantilopen“ – mehr Feedback und MaFo geht wahrscheinlich nicht. Dadurch, dass wir dazu auch die Idee der „Alpecin Allstars“ verfolgen, hat sich nach 7 Jahren eine fast 80 – Leute umfassendes Familie gebildet, die irgendwo stolz darauf ist, zusammen zu gehören und das bekannte, rot-weiße Logo zu zeigen. Ein Fahrer hat sich sogar das Höhenprofil des Ötzi inkl. Logos der Teampartner tätowieren lassen, das 2. Liebespaar ist entstanden, es gibt ein 2 –Jähriges „Teambaby“  – also, in Summe scheint das eine runde Sache zu sein, die eine krasse Begehrlichkeit generiert – Toll, so kann ich auch mal etwas zurückgeben.

Speed-Ville.de: Jörg…Breaking News: was sagst du zu den unerwarteten Neuigkeiten bezüglich des Engagements von Alpecin im Profisport, zudem auf höchstem Niveau und gleich mit 5 deutschen Fahrern!? Was bedeutet das für Dein Team Alpecin der Hobbyfahrer?

Das ist ein Knaller, ein Wegweiser und Zeichen, dass die Talsohle endlich durchschritten ist! Kaum ein anderer Partner hätte zu diesen authentischen, starken und attraktiven Mädels und Jungs so gut gepasst wie die Marken Plantur und Alpecin von Dr. Kurt Wolff.

Ich bin auch nicht stolz auf einige Dinge aus der Zeit, in der ich gefahren bin, kann diese aber auch nicht mehr ändern. Was (s)ich aber ändern kann ist, dass die Menschen mit Fahrern wie Arndt, Kittel, Degenkolb, Barguil, Geschke und vor allem auch den Ladies von „Liv-Plantur“ wieder mitfiebern. Hervorzuheben ist bei dieser Generation insbesondere Ihre Transparenz und Authentizität, vor Allem auch im Umgang mit kritischen Themen. Die Bemühungen dieses Sports werden (an)erkannt, dadurch kommt eine neue Bereitschaft, zu investieren.

Hier im Radsport, wo der Return of Invest ungleich höher ist als in anderen Bereichen, entstehen zahlreiche Möglichkeiten. Das ist toll, vernünftig und spiegelt die Meinung der Bevölkerung wieder, wo inzwischen unerwartete 52 % dafür plädieren, Radsport wieder im öffentlich – rechtlichen Fernsehen zu zeigen! Irgendwo auch ein Kuriosum: alle zahlen wir GEZ Gebühren, die Tour de France ist glaube ich nach Olympischen Spielen und der Fußball – WM das drittgrößte Sport – Ereignis weltweit, wird aber nicht einmal konstruktiv-kritisch übertragen. Wir alle möchten keine „blinden Fans“ an den Mikrofonen und Kameras, aber objektive Berichterstattung sollte spätestens jetzt wieder überdacht werden, ein Gebot der Fairness gegenüber dem Konsumenten. Und inzwischen sicher auch wieder wirtschaftlich lohnenswert für die ARD oder das ZDF, würde ich schätzen. Die Journalisten haben genauso dazugelernt wie Menschen, die auch früher schon im Radsport tätig waren und diesem tollen Sport die Chance geben möchten, die er verdient hat!

Ich persönlich zum Beispiel werde mich jetzt mal verstärkt um den Erhalt und die Förderung zur Instandsetzung der Bielefelder Radrennbahn widmen! Ich war immer ein „Draußen – Kind“ und hege ein Gräuel dagegen, dass meine Kinder irgendwann nur noch gedankenversunken auf Glasscheiben herumtippen. Wenn man einen Rennradlenker in der Hand hält, ist das doch schon mal bedeutend schwieriger… :-) ein Versuch.

Und klar, meine „Breitensportabteilung“ wird mit einer gewissen Anbindung im Windschatten der jungen Topstars von Giant-Alpecin hoffentlich noch mehr Begehrlichkeit erfahren; zudem optimieren wir aktuell noch das Konzept, werden breit gefächerter die ganze Saison über an Events teilnehmen, vielleicht sogar mal an richtig heftigen Frühjahrsklassikern!

Jörg Ludewig im Interview

 Fotoquelle: peterlintner.de

Speed-Ville.de: Kommen wir zum Business – seit einigen Jahren bist du nun schon für Lightweight tätig und aktuell Verkaufsleiter. Wo liegen für Euch die Herausforderungen als „Made in Germany Unternehmen“ im Premium Preissegment? Spürt ihr eine Preissensibilität in der Zielgruppe? Oder ist die Zielgruppe mehr und mehr bereit für Top-Qualität entsprechende Preise zu zahlen?
DAS IST JEDES JAHR WIEDER EINE SEHR GUTE FRAGE – die Thematik ist, dass Handfertigung am Technologiestandort Friedrichshafen sehr kostenintensiv ist; wir stehen für ehrlichen, transparenten und  vernünftigen Umgang mit dem Thema Carbon  – und mit unseren Kunden. Kraftflussgerechtes Design und gebaut am technisch machbaren Ende der Fahnenstange, aber trotzdem mit gewisser Alltagstauglichkeit, das ist die Herausforderung. Ich muss Highend –Performance wheels für den absoluten Könner mit 63 kg anbieten, die unter der 1000 gr.- Marke bleiben, gleichzeitig aber schaffen, Produkte für 110 kg Athleten im Programm zu haben, die auf dieses Klientel zugeschnitten sind.

Und dann kommt die ganz große Herausforderung: sowohl der Handel als auch der Endkunde muss so beraten werden, dass jeder das für Ihn richtige Produkt bekommt, Thema „Endkundenmehrwert“. Die Anforderungen sind zudem weltweit sehr unterschiedlich, das fängt schon beim Design und der Farbgestaltung an. In Summe kann ich mit den Umsätzen aber durchaus zufrieden sein, nach wie vor ist enormes Potenzial zu finden – jetzt müssen wir als Team daran arbeiten, aus den Märkten auch das authentische Potenzial zu holen, ohne dabei Pricing, Brandvalue und Begehrlichkeit zu (zer.-)stören – ein empfindliches System mit unbedingtem Gleichgewicht! Die Balance machts‘. Ich stehe aufrichtig hinter folgender Aussage: “wir sind kostenintensiv aber (den) Preis wert“, wenn man sich die Mühe macht und hinter den Vorhang schaut. 60 deutsche Familien leben von der Radproduktion, dem Engeneering und dem Vertrieb, alles wird in passionierter Handarbeit an zwei deutschen Standorten gefertigt, mit DT Swiss haben wir einen Premiumpartner als Zulieferer, der weltweite Ersatzteilversorgung garantiert. Natürlich ist der Preis immer ein Thema, das beschränkt sich allerdings in diesem Hochpreissegment vornehmlich auf zentraleuropäische Märkte.

Speed-Ville.de: Wie entwickelt sich aus deiner Sicht der Markt im Rennrad Manufacturer-Bereich? Aus meiner Sicht findet aufgrund der Fülle an Herstellern ein tougher Verdrängungswettbewerb statt. Premium Brands wie Lightweight, welche es schaffen ihre Marke durch gutes Marketing, wie z.B. dich als Testimonial, emotional aufzuladen tun sich vermutlich leichter als  Volumenhersteller im Preiseinstiegsbereich? Was ist deine Einschätzung quasi an vorderster „Sales-Front“?
Danke für die Blumen, wir sind da denke ich auf einem guten Weg und bekommen auch das dazu passende Feedback. Ich sag‘: „keine Angst, Konkurrenz belebt das Geschäft, der Kuchen wird nur größer – wer ehrlich, fleißig und authentisch ist, wird immer ein großes Stück davon abbekommen; Aldi und Porsche funktioniert eigentlich immer“. Wenn zum Niveau passend die Qualität stimmt, das ist das A und O. Wir haben einen großen Vorteil zu manch anderem Hersteller: Unser Produkt ist so gut, dass Sieger von 3-wöchigen Rundfahrten es kaufen und ungelabelt einsetzen. Somit scheint die Qualität und Performance zu stimmen, ich muss nicht mit „lautem Marketing“ versuchen, Mainstream künstlich zu bewerben. Wenn BMC Weltmeister wird und ein Fan genauer hinschaut, wird das deutlich. Nichtsdestotrotz war, ist und bleibt Vertrieb ein Knochenjob, selbst mit einem guten Produkt – das weiß ein Jeder da draußen, der hier zu Hause ist. Das beste Produkt allein reicht nicht, der Mensch dahinter ist denke ich das Geheimnis. Ich habe mit gewissem Erfolg die ostwestfälischen Tugenden ein bissl in unser Team eingebracht, gepaart mit dem schwäbischen Background ist da denke ich ein tiefes Wertegerüst entstanden, was uns hoffentlich noch lange in die Lage versetzt, Menschen mit unseren Produkten zu begeistern. Das passende Team dafür besitzt Lightweight auf jeden Fall – eine junge Truppe, die nicht wirklich auf Arbeitswochenstunden schaut und die Marke wirklich liebt und weiter voran bringen möchte.

Jörg Ludewig im Interview

 Fotoquelle: peterlintner.de

Speed-Ville.de: Testen wir den Verkäufer Jörg Ludewig: ich möchte mir tatsächlich kommendes Frühjahr einen neuen Satz Laufräder kaufen. Einsatzzweck bergiges Terrain wie z.B. für den Endura Alpen-Traum. Ich liebäugele  aktuell mit dem Lightweight „Gipfelsturm“. Das Laufrad reizt mich echt total… Warum Lightweight?

Da muss ich Dich bzgl. einer schnellen Pauschalberatung etwas „enttäuschen“ und frage tiefer nach; ohne Deine Größe und Dein Körpergewicht zu wissen und „Dein Können“ einschätzen zu dürfen ist das pauschal gar nicht so schnell zu beurteilen, einzig der Hinweis, in alpinem Bereich unbedingt auf das Tubular- Reifen- System zu setzen, ist sicher. Wir haben ein beratungsintensives Premium – Produkt, daher auch der gewollte und bewährte Weg über den Fachhandel, mit eher wenigen aber interessierten und passionierten Partnern. Jeder Kunde soll genau das Produkt bekommen, was für Ihn am besten ist. In 3 Jahren möchte ich sicher sein, dass ein MEILENSTEIN Laufrad in London mit den gleichen Argumenten und USP’s verkauft wird wie in Hamburg.

Ich empfehle Dir ohne Background-Wissen ein GIPFELSTURM Vorderrad in Kombination mit einem MEILENSTEIN Hinterrad. Damit ist ein jeder gut aufgestellt, da am Vorderrad wenig Seitenwindeinfluss herrscht und am Hinterrad volle Steifigkeit geboten ist. Ferner sieht das Bike interessant aus und bietet die volle Lightweight Performance.

Speed-Ville.de: Vielen Dank lieber Jörg für dieses sehr interessante Gespräch! Weiterhin dir und deiner Familie alles, alles erdenklich Gute!!! 

xxxx

Speed-Ville.de: Was ist Eure Meinung? Nehmt ihr aus dem Interview etwas mit? Verbesserungsvorschläge? Wen soll ich als nächstes interviewen? Kommentare erwünscht…!

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14 comments

Raimund 28 September 2014 - 17:29

Sehr ausführliches und informatives Interview!! Sehr interessant…

Das Contador den Ötzi in 6:30 schaffen könnte… Aktuell glaub ich liegt die Spitze bei knapp über 7:00 Std. Wäre mal ein Test wert, wenn Contador/Froome das fahren…

Lude ist einfach eine coole Sau ;-)

LG, Raimund

Daniel 28 September 2014 - 19:15

Danke fürs Feedback ;-)

Tom 29 September 2014 - 16:56

Hi! Hat Spaß gemacht zu lesen.

Als nächstes bitte Ulle ;-)

Edgar 29 September 2014 - 18:16

Ich muss bei ihm immer an diesen Brief denken, in dem er sich nach Dopingmitteln erkundigt hatte und schrieb „Ich bin zu allen Schandtaten bereit“.
http://www.focus.de/sport/tour2006/t-mobile-profi-ludewig_aid_111475.html
http://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/doping-online-das-zdf-und-ein-radsportler-unter-verdacht-1353861.html

Daniel 29 September 2014 - 18:37

Hi Edgar, sehr schwieriges Thema…
Ganz ehrlich ich glaub die Jungs hatten bzw haben teils keine Wahl!

Was ist die Option?? Vorverurteilen sollte man sie nicht.. Aus meiner Sicht sind sie Opfer des Systems… Von oben wurde es ja nicht in letzter Konsequenz eliminiert.. Nur pro forma..

Insbesondere die Kerle aus den Niederungen müssen hier mitmachen..

Meine aktuelle Buchempfehlung: David Millar „Vollblutrennfahrer“. Da wird das Thema sehr treffend beschrieben..

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Sehr gutes und interessantes Interview.
Ich denke, das die Top Leute unter den Jedermännern ein großes Pensum fahren ist kein Geheimnis. Erstaunlich ist dabei immer, wie die Familie u Beruf unter einen Hut bringen.

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