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Eddy Merckx Classic: Zum ersten Mal disqualifiziert!

by Daniel

Mein zweiter Radmarathon dieses Jahr im Salzkammergut und zum zweiten Mal DNF – dieses Mal wegen DSQ. Nach meinem Reifenplatzer im Juni beim Mondsee Radmarathon, bin ich dieses Mal an der richtigen Stelle falsch abgebogen: Disqualifikation. Dumm gelaufen. Aber, bei uns Hobbyfahrern zählt ja ausschließlich der olympische Gedanke: Dabei sein ist alles – die Platzierung in meinem Fall eh egal. Am Ende wurde es sogar noch eine richtig wilde Fahrt in prominenter Begleitung bei schönstem Spätsommerwetter.

Eddy Merckx Classic

Fuschl am See – im Vordergrund die erste Rampe

Eddy Merckx Classic 2015: Start/Ziel in Fuschl am See

Im Rahmen einer Hochzeit am Wolfgangsee vor drei Jahren, hatte ich die Region um den Fuschlsee noch gut auf meiner Festplatte gespeichert: Salzburg – Fuschlsee – schön blaues Wasser – Red Bull Headquarter – Hangar Partys – passt. Zusammen mit der Freundin und meinem alten Herrn a.k.a. „der Eifelblitz“ reisten wir dann am Samstag voller Vorfreude und gut gelaunt zu unserem Mini-Sporturlaub an.

Und ja, Fuschl am See ist wie aus dem Bilderbuch. Der blaue, glasklare See, ringsherum die Berge – eine glatte Eins. Während man sich bei anderen Radmarathons in alten Tennishallen oder provisorisch aufgebauten Zelten die Startnummern abholt, gibt es beim Eddy Merckx Classic die Tüte mit dem Starter-Kit direkt neben dem in der Sonne glitzernden See. Es geht definitiv schlechter im Leben!

eddy-merckx-classic-starter-kit

Startnummernausgabe mal in schön

Nach dem Einchecken im Hotel ging es dann am Samstagabend mit meinem Papa nochmal kurz auf den Hobel zur kurzen Vorbelastung. Schlau wie wir sind, entschieden wir uns für die Strecke nach Thalgau, da dies dem Streckenverlauf entspricht. So konnten wir schon mal ein bisschen „spionieren“.

Alles lief nach Plan und es hätte so ein schöner Abend sein können: Gemütlich duschen, Carbo Loading a.k.a. den Ranzen vollhauen, Sportschau, eiskaltes Weißbier und so weiter. Wenn da nicht das leidige Problem eines jeden Rennradfahrers wäre:

IRGENDWAS IST IMMER!

In diesem Fall war es meine Schaltung. Die Kette wollte partout nicht auf das größte oder kleinste Ritzel springen. Eins von beiden konnte ich mir aussuchen. Das Rad hatte ich grade mal vor vier Wochen in die Hände des Mechanikers meines Vertrauens (Moritz von Stadler) gegeben – es schnurrte daraufhin wie ein Kätzchen – da dachte sich wohl der liebe Herrgott: „Ok, reicht hin, die vier Wochen sind wieder rum – der braucht mal wieder ein bisschen Stress“, was zur Folge hatte, dass ich fluchend und schimpfend wie ein Kesselflicker am Vorabend des Rennens, die Schaltung zwei Stunden lang „kaputtreparierte“. Statt Weißbier und runder Bauch hieß es Schweißflecken und schwarze Finger.

Gott sei Dank hatte ich aber die Handynummer von OK-Chefin Nicole eingespeichert. Noch heute sind ihre Worte Balsam für meine Ohren: „Kein Problem Daniel, von 6:00 bis 7:30 gibt es einen Mechaniker im Red Bull Zelt. Das bekommen wir hin!“

PLOPP, Flasche auf und runder Bauch!

Und der junge Mann hat das Potenzial, meinem Lieblingsmechaniker Tommy, den Podestplatz streitig zu machen. Innerhalb von nur 5 Minuten wurde unmittelbar vor dem Rennen am Sonntagmorgen neben einer mikroskopisch genauen Diagnose (Schaltwerk + Gewinde defekt), die Schaltung noch provisorisch repariert. Das Schaltwerk müsste ich nach dem Rennen nochmal neu kaufen. Provisorisch ist an dieser Stelle untertrieben. Hat wieder alles einwandfrei geklappt – super Typ! Nicole, wenn du das liest: Bitte richte ihm (junger Mann, dunkle Haare) meine besten Grüße aus!

Apropos Radmechaniker: Ich finde die Jungs immer wieder faszinierend. Da probierst du minuten- oder stundenlang das Problem an deinem Rennrad zu lösen. Fluchst, schwitzt und betest in einer Tour – alles ohne Erfolg. Kaum lässt du mal einen Mann vom Fach an das Rennrad ran, ist der Fehler innerhalb von nur wenigen Minuten behoben. Genies, wo keiner so richtig weiß, wie sie es jetzt schon wieder gemacht haben…

Eddy Merckx Classic – mein Rennen

Kommen wir zum Kerne des Wochenendes: Der Eddy Merckx Classic 2015 – eingeschrieben hatte mich für die Langdistanz von 169 km.

Bevor es mit dem Rennen losgeht, muss man sich natürlich noch fachmännisch warmmachen. Is klar. So richtig Lust habe ich da aber nie zu! Ich finde das Ganze dann immer wieder recht skurril, wenn frühmorgens vor den Radmarathons irgendwo in Österreich eine Horde von Radfahrern die Auffahrten hoch und runterfahren. Das Ganze erinnert mich jedes Mal an meine Warmmach-Runden beim Fußball früher am Sonntagmorgen. Wobei das damals noch deutlich unmotivierter war: 11 Mann, die arm- und schulterschwingend über den Platz trotteten, noch benebelt vom Rausch des Vorabends.

Ok, zurück zum Rennen: Um kurz nach 8 Uhr fiel der Startschuss und zusammen mit den anderen Wahnsinnigen ging es dann mit Volldampf in den ersten Hügel rein. Und dieser kleine Anstieg hatte es durchaus in sich. 117 Höhenmeter bei einer ø Steigung von 9%. YIIHHAAAHH! Links und rechts wurde gekeucht und gestöhnt wie in einem Swingerclub. Oben angekommen, hielten tatsächlich schon die ersten wenigen beim Zelt an. Nach grade mal 1,5 km??? Das Ganze kann nur getoppt werden von einem, der zu blöd ist, den Kreisverkehr richtig zu fahren. Dazu später mehr. Wie auch immer. Ich hatte mir vorgenommen heute mal dranzubleiben. Das ist das letzte Rennen für 2015. Auf die Zähne beißen, weinen kannst du später.

Streckenaufteilungen beim Eddy Merckx Classic 2015

So weit, so gut – beim Kreisverkehr direkt hinter Elsenwang passierte mir dann der entscheidende Lapsus. Im Eifer des Gefechts fuhr ich versehentlich mit der Mitteldistanz Gruppe mit. Der gute alte Herdentrieb. Die Jungs bogen alle in Fahrtrichtung rechts ab, die Langdistanz wäre nach links in Richtung Hof bei Salzburg abgebogen. Shit happens!

Klassischer Fall von Kopf runter und Laufrad an Laufrad – da hatte ich nicht genau auf die Schilder geschaut.

Die nächste Streckenaufteilung bekam ich dann wiederum mit – kurz hinter Seeham war dies der Fall. Hier begann dann die „Fragezeichen-Show“. Das irritierte Gesicht des Streckenposten, als ein einzelner, in dem Fall ich, links abbog für die Langdistanz und ca. 20 andere aus der Gruppe rechts weiterfuhren, lässt mich heute noch schmunzeln.

Das eigentlich lustige war aber: Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, was schief gelaufen ist. So kam ich mir ca. 30 km lang vor, wie im falschen Film. Wo sind denn bitte die anderen? Meine These: Ich hatte halt grade zufällig eine Mitteldistanzgruppe erwischt – die anderen von der Langdistanz würden sicherlich gleich folgen.

Da der Kurs schön wellig war konnte man in bester Winnetou-Manier perfekt Ausschau halten: Zig Kilometer vor mir und hinter mir: Nichts. Kein glitzerndes Rennrad-Metall, keine Gels oder Powerbar Packungen im Straßengraben. Nichts.

Den einen oder anderen Anwohner, der grade am Sonntagvormittag frühstückte oder mir entgegenkommende Radfahrer fragte ich verwundert ob hier denn schon andere Radfahrer mit Nummer auf dem Lenker gewesen wären. Einstimmige Antworten: Nein.

Meine Gedankenwelt, während der 30 km in etwa so:

  • Über Nacht bin ich entweder zum weltbesten oder weltschlechtesten Radfahrer geworden – Ewigkeiten hinter mir bzw. vor mir kein anderer zu sehen
  • Haben Jugendliche die Streckenschilder verdreht und machen sich einen Spaß?
  • War OK-Chefin Nicole unzufrieden mit meinem Vorab-Interview und zahlt es mir jetzt heim?
  • Verstecke Kamera?

Die große Auflösung folgte an der Labestation Lochen.

Ca. 7 Helfer waren noch mitten in der Vorbereitung, die Station herzurichten – die ersten Fahrer wurden gemäß Marschtabelle in ca. 60 Minuten erwartet – als auf einmal ein einsamer Rennradfahrer – das bin ich – im Trödeltempo, mit Nummer auf dem Lenker, Anstalten machte anzuhalten.

Ungläubig schauten die Helfer zuerst sich an, dann auf die Uhr und dann auf mich!

Das kann doch nicht die Spitze des Feldes sein? Doch nicht der?!

Was folgte war ein Plausch vom Allerfeinsten. An dieser Stelle müsste die Labestation Lochen umbenannt werden in LABERstation Lochen. Die nettesten Helfer, die ich je bei einem Radmarathon getroffen habe. Indianer Ehrenwort!

Eddy Merckx Classic

Beweisfoto: Die Rennspitze an der Laberstation Lochen

Vom überaus sympathischen Johann Voggenberger wurde ich aufgeklärt, dass ich „anscheinend“ am Kreisverkehr hinter Elsenwang falsch abgebogen war. Ich versuchte noch anfänglich ein bisschen dagegenzuhalten, musste aber dann doch eingestehen, dass dies der Augenblick war, wo meine letzten Hoffnungen schwanden, über Nacht doch noch einer der weltbesten Rennradfahrer geworden zu sein. Johann, du hast mir meine Träume genommen ;-)

Slapstick-Charakter nahm das Ganze dann aber endgültig an, als fünf weitere Teilnehmer, einer nach dem anderen, ca. 15 Minuten nach mir eintrudelten. Fünf weitere Teilnehmer, denen das Gleiche passierte in Elsenwang. Fünf weitere Träume, die an der Labestation Lochen platzten.

Eddy Merckx Classic

Auch falsch abgebogen – der Lapsus wird uns erklärt

Zusammen mit Thomas und Robert aus Chemnitz, zwei der fünf, ging es dann zurück Richtung Fuschl am See – es warteten noch krasse 60 Kilometer auf mich…

Eddy Merckx Classic: Finale Furioso, aber nur kurz

Kurz vor dem Irrsee, in Sommerholz, schlug dann doch noch mal meine große Stunde. Jetzt konnte ich es Johann Voggenbeger endgültig beweisen, dass er sich geirrt hat: Ich wurde tatsächlich von der Spitze des Feldes eingeholt. Bei der LABERstation Lochen hatte ich ja noch einen Vorsprung von ca. 60 Minuten auf die Rennspitze herausgefahren.

Herrlich, wie das klingt!

Sonst sehe ich die Top-Jungs ja immer nur mit „Terminator-Miene“ beim Start oder bei der Siegerehrung – nun schraubten sich diese sechs Maschinen die Höhenmeter in Sommerholz direkt hinter mir hoch: Johannes Berndl, Helmut Trettwer a.k.a. „The Wadln“, Andreas Ortner, Daniel Reiter und Christian Dengler.

Ok, ihr wisst genau, was nun kommt.

Zum ersten Mal in meinem überschaubaren Rennradleben war ich (inoffizieller) Teil der Rennspitze. Vor uns der weiße Geländewagen mit Sirenenlicht auf dem Dach, hinter uns das Motorrad. Und mittendrin ich. Sehr geil.

Vielleicht war das Ganze ja arrangiert von OK-Chefin Nicole, weil sie so zufrieden war mit dem Vorab-Interview?

Egal. Jetzt wird auf die Zähne gebissen – da will ich mal mitfahren so lange es geht!

Die nun folgenden Höhenmeter konnte ich noch einigermaßen gut mitgehen – der Powermeter immer um die 300 Watt – die folgende Abfahrt wurde mir aber schnell klar: Das kann heute kräftig in die Hose gehen – zu gewinnen gibt’s eh nix! Krass, wie schmerzfrei die Jungs da runterknallen. Das war mir das Risiko nicht wert. Und Tschüss!

Ein paar Minuten später, mittlerweile auf der Bundesstraße in Richtung Mondsee, fuhr einer der Jäger auf: Der schlussendlich siebtplatzierte Rupert Hödlmoser. Mit dem Namen kann man aber auch nur Österreicher sein. Selbstredend, dass ich mich in seinen Windschatten legte. Der Powermeter kaum unter 300 Watt. Das ist dann tatsächlich der Unterschied zwischen den Top-Fahrern und uns im Mittelfeld platzierten. Während wir uns in den Ebenen eher mal „ausruhen“ – kaum mehr als 230 Watt treten – treten die Jungs, die im Wind fahren eben konstant ihre 300 Watt durch… Eine sehr interessante Erfahrung für mich.

Zurück zu Rupert: Irgendwann musste ich ihn dann abreißen lassen – er war einfach „schmerzfreier“ als ich durch einen Kreisverkehr durchgeknallt. Weg war er. Aber egal, ich war eh durch. Feierabend und fertig aus.

Von wegen.

Es warteten noch knapp 300 Höhenmeter, die es zu klettern galt. So wurde der Anstieg nach St. Gilgen schlagartig vom Finale Furioso zum Finale Mimoso. Ich war echt am Ende. Erinnerungen an den Umbrailpass beim Alpen-Traum 2014 kamen hoch.

ICH HABE FERTIG!!!!

Irgendwie habe ich es dann aber doch geschafft, diesen eigentlich angenehm zu fahrenden Hügel, zu bezwingen. Wichtig: OHNE abzusteigen. Gedanklich sah ich mich aber schon den „Walk of Shame“ entlanglaufen.

Die Zieleinfahrt in Fuschl am See sorgte, wie bei der Labestation in Lochen, für Irritationen. In diesem Fall bei meiner Freundin und dem Papa, welche im Ziel den Top-Platzierten beim Zieleinlauf zuschauten. Mit mir hatten sie erst in einer guten Stunde gerechnet.

Und wie in Lochen, auch hier das gleiche Muster: Ungläubig schauten die beiden zuerst sich an, dann auf die Uhr und dann auf mich! Die beiden konnten es kaum fassen, dass ich vollkommen abgekämpft und mit Krämpfen nur ca. 15 Minuten nach der Rennspitze ins Ziel kam.

Es geschehen noch Wunder.

In dem Glauben habe ich sie natürlich bis zum heutigen Tag gelassen ;-)

Eddy Merckx Classic 2015: Mein Fazit

Der Eddy Merckx Classic hat definitiv das Potential, eins meiner Lieblingsrennen zu werden. Das Streckenprofil ist für Jungs wie mich, die „etwas mehr“ als 65 kg wiegen, geradezu ideal. Keine krassen Berge – wenn man sie wie ich auslässt – dafür ein ständiges hoch und runter. Das kann jeder schaffen.

Landschaftlich würde ich sogar so weit gehen, dass es mit das schönste war, was ich bis jetzt gefahren bin. Die letzten 35 Kilometer ging es allerdings auf eher stark befahrenen Straßen zurück nach Fuschl – das war dann definitiv nicht so schön und gibt Abzüge in der B-Note. Davor war es aber paradiesisch: Wenig Verkehr und superschöne Salzkammergut-Natur!

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass es keine Trennung beim Start bzgl. der Streckenlängen gab. Alle wurden gleichzeitig losgelassen. Das war so jetzt Neuland für mich. Während des Radmarathons achtet man ja nicht ständig auf die Schilder, die da kommen – zu konzentriert ist man, nicht in das Hinterrad des Vordermannes zu fahren.

Was diese These wiederum nicht stützt ist die Tatsache, dass dieses Malheur grade mal sieben Teilnehmern über alle Streckenlängen (kurze, mittlere und lange Strecke) passiert ist, von insgesamt 1.200 Startern.

Sieben männlichen Teilnehmern muss man dazu sagen – und keiner einzigen Frau ;-)

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4 comments

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