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Alternativsportarten für Rennradfahrer: Wie du das Beste aus deinem Training im Winter holst!

by Daniel

Mimimimi. Es ist saukalt, es ist nass, so richtig Lust aufs Training habe ich im Winter draußen nicht. Gemäß Genfer Konventionen ist es angeblich auch ok, bei diesen Bedingungen mal den Schwanz einzuziehen. Aber wart mal du kleine Prinzessin, es muss ja nicht immer das Rennrad bei der Kälte sein: Laufen, Schwimmen & Co. können dich auch weiterbringen – und das ganz ohne Erfrierungen. Welche Alternativsportarten bringen einen weiter, und wovor sollte man lieber die Finger lassen? Coach Philipp Diegner gibt uns im Gespräch sehr nützliche Tipps.

Alternativsportarten für Rennradfahrer

Echt jetzt? Muss das wirklich sein?

Das Thermostat ist im einstelligen Bereich, draußen hat es seit Tagen geregnet, und obwohl ich mir im neuen Jahr fest vorgenommen habe, mal wieder mit dem Training anzufangen, will ich bei dem Mistwetter nicht raus.

Is ja klar, ich bin mittlerweile Schönwetterfahrer.

Kann ich auch. Für diese Saison habe ich mir keine größeren oder ambitionierteren Ziele, wie der Ötzi im letzten Jahr, vorgenommen. Einfach mit Spaß aufs Rad, wenn es die Zeit erlaubt, und mal gucken, ob ich beim ein oder anderen Rennen oder Radmarathon mit an den Start gehe.

Das zeitintensive Training darf nicht mehr zum Diktat meines Lebens werden. Aus dem Interview mit Emanuel Nösig habe ich etwas gelernt: Sei da für deine Familie, in unserem Alter fährt keiner eine TDF mehr.

Alternativtraining im Winter

Wer mir auf Strava folgt, wird vermutlich gesehen haben, dass ich mittlerweile immer öfter laufen gehe. Und das mit gutem Grund: Weniger Klamotten-Aufwand, du brauchst weniger Zeit fürs Training selbst und es ist bei noch so kaltem Wetter, deutlich besser zu ertragen.

Mit Coach und Mitautor meins E-Books „Richtig trainieren mit Zwift“ sprach ich über die gängigen Alternativsportarten im Winter – was bringt dich weiter und wovor solltest du besser die Finger lassen?

Alternativsportarten für Radfahrer: Nützliche Tipps von Philipp Diegner

Alternativsportarten für RennradfahrerIch komme langsam wieder in Wallung. Wenn das Wetter passt, gehe ich gerne MTB fahren, sonst morgens eine Runde Laufen. Grundsätzlich mal nicht verkehrt, oder?
Überhaupt nicht verkehrt, nein. Das Training, oder einfach das Fahren mit dem MTB, bietet letztendlich die gleichen Trainingsreize wie Rennradtraining. Und Laufen ist als reines Ausdauertraining sogar etwas effektiver als Radfahren.

Warum noch effektiver? Weil der ganze Körper in Bewegung ist?
Radsport fordert als Aktivität sehr spezifische Muskeln. Beim Laufen werden deutlich mehr Muskelgruppen verwendet. Dadurch wird der Körper gesamt etwas stärker und effektiver für Ausdauerleistungen. Als Konsequenz haben Läufer im Schnitt auch eine leicht höhere VO2max als Radsportler und die höchsten Werte findet man bei Skilangläufern, wo noch mehr Muskeln benötigt werden.

Hat das Laufen einen (weiteren) Impact für meine Fitness auf dem Rad?
Der Einfluss von Laufen als Alternative in der Winterpause kann für Radsportler sowohl positive, als auch negative Folgen haben. Um die aerobe Fitness über einige radfreie Tage mit wenig Zeitaufwand zu erhalten, ist es sehr gut geeignet.

Als Konsequenz haben Läufer im Schnitt auch eine leicht höhere VO2max als Radsportler und die höchsten Werte findet man bei Skilangläufern, wo noch mehr Muskeln benötigt werden.

Regelmäßige, hochintensive Laufeinheiten sind z.B. wirksam in der Verbesserung der VO2max. Aber es sollte nicht langfristig parallel zum Radtraining ablaufen. Denn dann kann es sogar die Radleistung beeinträchtigen.

Was wird dadurch NICHT trainiert bzw. unterstützt?
Die spezifische Konditionierung der Muskulatur sieht einfach anders aus. Wenn man pedalliert werden die Muskeln einer konzentrischen Kontraktion ausgesetzt, d.h. eine Verkürzung findet statt.

Beim Laufen ist das genau andersrum, denn die Muskeln werden gestreckt: Eine exzentrische Kontraktion. Deshalb tun sich so viele starke Radsportler beim Laufen auch erstmal schwer. Der Muskelkater ist vorprogrammiert.

Beim Muskelkater leicht weiter trainieren oder warten bis er weg ist?
Ein interessantes Thema! Dafür gibt es keine allgemeingültige Antwort. Wenn du einen Muskelkater vom Laufen bekommst, liegt es vermutlich daran, dass du die exzentrischen Bewegungen nicht gewohnt bist. Die daraus resultierenden „Schäden“ an der Muskulatur sind dadurch deutlich größer als bei Bewegungsmustern, an die du angepasst bist.

Deshalb solltest du bei den ersten Trainingseinheiten, die starken Muskelkater verursachen, eine etwas längere Pause einlegen, z.B. 48 statt 24 Stunden.

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Grundsätzlich gilt: Alles ist erlaubt, solange es Spaß macht.

Der menschliche Körper ist sehr anpassungsfähig und spätestens nach einem halben Dutzend ähnlicher Belastungen wird der Muskelkater nach der Aktivität zurückgehen und die Trainingsfrequenz kann erhöht werden. Das gilt für Krafttraining, genauso wie für Laufen oder Schwimmen, wobei die Intensität der Belastung bei Übungen wie Kreuzheben noch größer ist und die Gewöhnung etwas länger dauern kann.

Welche Alternativsportarten empfiehlst du deinen Athleten in welchen Umfängen, um die Form fürs Frühjahr aufzubauen?
Grundsätzlich sind alle Ausdauersportarten geeignet. Schwimmen, Laufen oder einfach Wandern. Auch Skilanglauf ist eine tolle Alternative für verschneite Tage.

Grundsätzlich gilt: Alles ist erlaubt, solange es Spaß macht.

Das hilft dabei, die Ausdauer zu konservieren und den Formaufbau auf dem Rad zu unterstützen. Und für die, die trotz Winterwetter nicht auf das Rad verzichten wollen, gibt es ja immer noch das MTB oder den Crosser.

Und sonst natürlich die gute alte Rolle nehme ich an?
Ganz genau. Da geht es natürlich besonders gut.

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=> Tipp: 4-wöchiger Trainingsplan von Philipp Diegner für Zwift (mehr Infos)
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Wie sieht aus deiner Sicht die perfekte Woche im Winter bzgl. Verteilung der Sportarten aus? 100% Rolle oder sagst du schon: 60% Rolle, 20% MTB und der Rest was „Wildes“? (Schwimmen, Fitness & Co.)
Radsportler sind absolute Spezialisten und wenn du dort deine Leistung maximieren willst, solltest du außerhalb der richtigen Winterpause die meiste Zeit auf dem Rad verbringen.

Ich tue mich schwer mit Prozentzahlen, aber 80% ist ein akzeptabler Richtwert. Die anderen 20% können frei zwischen den liebsten Aktivitäten und Krafttraining aufgeteilt werden. Viele brauchen eben auch die Abwechslung, um die Motivation hochzuhalten.

Geht es dann in Richtung Wettkampfphase, würde ich sogar auf 90% gehen. Krafttraining sollte dann seltener betrieben werden, das Ziel ist jetzt die Aufrechterhaltung der Gewinne aus dem Winter. Und sonst ist natürlich der gelegentliche Spaziergang erlaubt.

Von welchen Sportarten sollten die Leser unbedingt die Finger lassen. Das Warum interessiert mich natürlich brennend.
Persönlich würde ich Ski-Alpin vermeiden. Hauptgrund: Das Verletzungsrisiko. Mit einem Bänderriss etc. kann man sich schnell mal die Saison versauen. Das gilt zum Teil auch fürs Laufen. Nicht umsonst wird es häufig als „gefährlichste Sportart der Welt“ mit den meisten Verletzungen bezeichnet. Und gerade für uns Radsportler, die die exzentrischen Kontraktionen nicht gewöhnt sind, kann das böse enden. Dann lieber Schwimmen gehen.

Ich veröffentliche hin und wieder Trainingsartikel mit US-Coach Ben Sharp. Ben empfiehlt regelmäßige Zwiftrennen in der Saisonvorbereitung, insbesondere, um die mentale „Schärfe“ beizubehalten. Der Kopf bleibt so frischer und ist in der Saison weniger „überfordert“. Wie viele Zwiftrennen empfiehlst du pro Woche/ Monat?
Du weißt ja aus persönlicher Erfahrung, dass ich einer der größten Befürworter von Zwift bin. Und mit den Rennen stimme ich Ben voll zu!

Aber: Regelmäßig heißt für mich zwei, maximal drei Rennen pro Woche. Erstens sind die Zwiftrennen extrem harte Belastungen, von denen der Körper sich selbst im Idealfall in minimal 48 Stunden erholt. Gerade für Berufstätige ist die Zeit meist deutlich größer.

Zweitens bieten die Wettkämpfe zwar einen tollen, wirksamen Trainingsreiz, der so gerade im Winter und außerhalb von Zwift nicht nachgeahmt werden kann.

Wirklich effektiv wird dies aber nur ALS ERGÄNGZUNG zu strukturierten Intervallen. Und zu viele Zwift-Rennen stehen im Konflikt mit solchen Trainingseinheiten, da wir pro Woche nur eine begrenzte Anzahl an intensiven Trainings durchführen sollten und vor allem können!

Weitere Lesetipps:
– Unser Zwift E-Book mit 4-wöchigem Trainingsplan (Link)

– Vermeide diese 7 Indoor-Trainingsfehler (feat. Ben Sharp) (Link)
– Alle Infos zu Zwift auf einen Blick (Link)
– Warum Krafttraining im Winter soviel Sinn machen kann? (Link)

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Über den Coach Philipp Diegner:
– Mitautor des E-Books: Richtig Trainieren mit Zwift
– Sportwissenschaftler und Certified Sports Nutrionist
– Master of Science (MSc) in Sports and Health Sciences (University of Exeter)
– Coaching diverser Elite-/Cat-1 Athleten in Deutschland/International
– Autor und Trainingsexperte für die RennRad Fachzeitschrift
– Aktueller Umbau seiner Website; Kontakt zzt. per Twitter | E-Mail: pdiegner@severecoaching.com

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