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Velotisimus Abarticus Teil II oder: Italien hätte fast gewonnen

by Daniel

Dies ist die Fortsetzung von Kante‘ Kolumne #002 Teil 1.

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So, Freunde des guten Radgeschmacks – es ist soweit: ich bin einen Schritt weiter.

Ich habe die letzten vier Wochen quasi im sozialen Zölibat verbracht und mich nur mit der Materie Rennradkauf beschäftigt. Die Frau ist weg und die Katze verhungert – aber ich bin einen gewaltigen Schritt weiter! Es wird ein Rennrad ;-) kleiner Scherz am Rande.

Die Entscheidung war keine leichte. Am Ende meiner ganzen Recherche habe ich folgenden finalen Entschluss gefasst: Ich will was besonderes!!

Weg von der Masse, weg von Volumenmodellen gefertigt in Taiwan, weg von Onlinebaukästen und Konfiguratoren.

Dieser Fahrradkauf ist eine Herzensangelegenheit.

Also spaziere ich in einen kleinen aber feinen Radladen hier in München, der nur Rennräder hat und diese auch nur von einer etwas exklusiveren Marke aus Italien.

Und ich bin Europäer. Ich hatte bisher nur „Deutsche Fahrräder“ bzw. Deutsche Marken (weil in Taiwan gefertigt), war sehr zufrieden aber nun wird es Zeit über den Tellerrand hinaus zu schauen.

Jetzt werden einige aufschreien und sagen: Italien? Ja, Italien. Für mich das Mutterland des Fahrradbaus in perfectione. Ich bin zwar kein Campagnolo Super-Record-Fan (ich fahre SRAM) aber die Rahmenbaukunst einiger Manufakturen ist ungeschlagen und sucht seinesgleichen.

Da sind auch Steifigkeitswerte Nebensache, eine Tatsache, die ich im Laufe des Nachmittags meines Radladen-Besuchs noch lernen werde.

Kante KolumneDa stehe ich nun in dem Laden, umgeben von gefühlt 1000 Rädern und fange an zu sabbern.

Der ältere Herr (Inhaber des Ladens) hinter dem Tresen sieht mich an und fragt: „Kann ich helfen?“ Mir helfen? Hahaha… Ich habe das Internet auswendig gelernt. Ich weiß alles über jeden Rahmen hier im Laden. Ich helfe DIR gleich, Vati. Denke ich innerlich.

„Ich interessiere mich für das Rennrad da drüben“. Der Finger zeigt auf eine limitierte Edition.
„Das ist aber nur der Rahmen. Zum Rennrad wird es erst mit den Anbauteilen. Und ganz billig ist der Spaß nicht.“

Ah ja. So einer also. Ich bin wohl nicht die klassische Klientel. Bin zu jung. Zu breit. Zu tätowiert. Zu alles halt…

Eigentlich schon keinen Bock mehr. Aber ok denke ich mir.

Kurzer Exkurs für Euch Leser: ich bin figurtechnisch nicht der typische Radfahrer. Zu dicke Haxn, zu viele Tatoos, zu hoher BMI…

„Ob ich es mir trotzdem ansehen dürfte?“
Vati: Das dauert eine halbe Stunde. Bis ich das da hinten rausgeholt habe.
„Ich komme in einer halben Stunde wieder – kein Stress.“
Vati schnauft tief durch und beginnt sich zähneknirschend den Weg durch das Sammelsurium seiner Rahmenlandschaft zu bahnen.

40 Minuten später stehe ich wieder im Laden und Vati sieht mich wenig begeistert an. Aber das Wunschrad bzw. das Wunschrahmenset (ohne Anbauteile) steht prominent auf einem Ständer im Laden. Ich schleiche zehn Minuten wortlos drumherum und murmele so vor mich hin.
Vati hat bis jetzt kein Wort gesagt. Telefoniert und macht sonst was. Weicht jedem Blick aus. Randnotiz: der Rahmen (ohne Anbauteile) kostet 3.600 €uronen!! Die ich bereit bin auszugeben. Naja, Kunde ist König geht irgendwie anders!

Ich: „Der steifste ist er ja nicht“
Er: 195 Puls. Ader am Hals zuckt als ob er grad Pantani auf den Mont Ventoux folgt.
Ich: „Aber schön ist er schon“
Er: ———————————
Ich: „Wo stehen wir denn preislich ungefähr, wenn wir da ´ne SRAM Red und Zipps 404 ranbasteln?“
Er: Puls 210. Linkes Auge rot und zuckt im Millisekundentakt.
Er: „Ich glaube das wird so nichts. Hier geht es nicht im Stiffnes (in welchem Porno hat er das denn gehört?) und SRAM verbauen wir nicht.“
Ich: „Und wenn ich nur den Rahmen kaufe und die Teile selber besorge? Bezahle natürlich den Aufbau?“
Er: „ Wir verkaufen nur Kompletträder, die wir hier im Haus selber zusammengebaut haben. Mit unseren eigenen Komponenten.“
Ich: „Und nun?“ Ich glaube der will gar nichts verkaufen. Der hat den eigentlichen Inhaber abgemurkst und im Keller in einer Tiefkühltruhe verstaut – zu viel Dexter geguckt! Der arbeitet für die Taiwaner.
Er: „Denken Sie doch einfach nochmal in Ruhe Zuhause nach und kommen Sie wieder, wenn Sie wissen was Sie wollen.“
Ich: Puls 200 und stinksauer.
Ich: „Ok. Dann komme ich einfach demnächst wieder. Tschö.“

Ich verlasse den Laden und brenne vor lauter Wut über jede rote Ampel in Rekordzeit nach Hause.

Zuhause angekommen gehe ich online. Klicke den gebookmarkten Onlineshop eines Händlers an, den ich in den letzten Wochen ähnlich oft frequentiert habe wie eine öffentliche Toilette zur Oktoberfestzeit und bestelle das von mir konfigurierte Rennrad einer deutschen Marke. SRAM Red, Zipp´s 404 und das Beste: Ohne arrogantes Gelaber, ohne von oben herab behandelt zu werden und mit dem guten Gefühl, das richtige Rad für mich gekauft zu haben. Wenn es partout nicht passt, habe ich immer noch das Rückgaberecht auf meiner Seite. Und ein paar Euros hab ich auch gespart.

Sorry Italien, aber wer mir so das Herz bricht, muss ohne mich auskommen.
Ich habe mit Sicherheit noch öfter die Gelegenheit, meinen Traum von Dolce-Vita-Cycling wahrwerden zu lassen.

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